Page 116 - Weiss, Jernej, ur./ed. 2021. Opereta med obema svetovnima vojnama ▪︎ Operetta between the Two World Wars. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 5
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opereta med obema svetovnima vojnama

Durch die Besetzung der drei Versionen mit jeweils unterschiedlichen
Darstellern (vgl. Tabelle 1) ergeben sich auch bei den vokalen Musiknum-
mern unterschiedliche, von den jeweiligen Darstellern (und ihren Fähig-
keiten) abhängige ‚Interpretationen‘. Die oben zitierte Ankündigung der
Neuen Freien Presse lenkt die Aufmerksamkeit ihrer Leser nicht von un-
gefähr auf die Interpretation der Tonfilmschlager durch Franziska Gaal
in der deutschen Version. Die bewusste Anpassung an lokale Gegebenhei-
ten erfolgte somit aufgrund personeller aber auch ästhetischer Prämissen,
die letztlich die Tonfilmoperette Paprika innerhalb spezifischer Konven-
tionen verorten sollten – und dieser Prozess der Adaption besitzt Paralle-
len zum eingangs erwähnten vergleichbaren Prozess auf dem Gebiet der
Bühnenoperette.

Vergleichbar mit dem Bühnenpendant ist auch die bei Paprika erfolg-
te Distribution der Musik von Franz Wachsmann (bzw. in der italienischen
Version zusätzlich von Cesare Andrea Bixio) als Tonfilmschlager in einem
„multimedialen Verwertungszusammenhang“33 in Form von Notenmateri-
al, Schallplattenaufnahmen oder via Radio. Der Österreichische Rundfunk
sendete Anfang der 1930er Jahre beispielsweise „Schallplattenkonzerte“, in
denen neben Operetten- auch Tonfilmschlager zu hören waren: Das Pro-
gramm von Radio Wien am 23. März 1933 brachte in einem Schallplatten-
konzert neben Foxtrotts und Quicksteps, Wachsmanns „Das Glück kommt
nur einmal im Leben“ aus Paprika, Emmerich Kálmáns Foxtrott „Komm‘
mit nach Varasdin“ aus Gräfin Mariza und Paul Abrahams „Was hat eine
Frau von der Treue“ aus Ball im Savoy und stellte somit aus rezeptionsäs-
thetischer Sicht Tonfilm- neben Operettenmusik.34

Dabei muss beachtet werden, dass Tonfilmschlager aus musikalischer
Sicht nicht nur ein kommerziell bedeutendes Nebenprodukt des Films bzw.
der Tonfilmoperette waren, sondern durch ihre bloße Existenz die Mu-
sik des Films ästhetisch in den Vordergrund rückten und diese in unter-
schiedlichen Zusammenhängen rezipierbar machten. Dem ursprünglichen
filmisch-medialen Zusammenhang kommt dabei, wie in den Abbildungen
1–3 ersichtlich, eine wesentliche Bedeutung zu: Auf den Titelseiten sämt-
licher Notenausgaben sind die Hauptdarsteller der jeweiligen Filmversio-
nen abgebildet, wobei, wie unschwer zu erkennen ist, die Gestaltung der
K­ ostüme der Darsteller der einzelnen Versionen gewisse Parallelen auf-

33 Wedel, Der deutsche Musikfilm, 286. Für die mediale Vernetzung der Tonfilmoperet-
te, vgl. Wedel, „Musikfilm und Musiktheater“, 205–6.

34 Programm des Radio Wien (19.–25. März 1933) 9, Heft 25 (17. März 1933): 54–5.

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