Page 112 - Weiss, Jernej, ur./ed. 2021. Opereta med obema svetovnima vojnama ▪︎ Operetta between the Two World Wars. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 5
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opereta med obema svetovnima vojnama

zunächst so erfolgreich, dass französische Filmfirmen, wie Gaumont, An-
fang der 1930er Jahre Pläne entwickelten, dieses ebenfalls mit einem Pro-
duktionsstandort in Berlin bzw. Paris umzusetzen.24

Die erste Ufa-Tonfilmoperette und gleichzeitig auch der erste richti-
ge Sprachversionsfilm der Ufa war der 1929 erschienene Liebeswalzer (engl.:
The Love Waltz, franz.: Valse d‘amour), der Lilian Harvey den Durchbruch
als internationalem Star der Tonfilmoperette bescherte. Danach folgte mit
Die Drei von der Tankstelle (1930) die erste französische Filmversion der
Ufa (Le chemin du paradis), wobei die Produktion der Tonfilmoperette ins-
gesamt als großer finanzieller Erfolg bezeichnet werden kann – und das
auch auf der Ebene der Tonfilmschlager sowohl im In- als auch im Ausland
(v. a. in Frankreich).25 Damit wurde die Vorgehensweise der Ufa in Rich-
tung Sprachversionsfilm als Internationalisierungsstrategie weiter bestärkt.

Das Genre der Tonfilmoperette kann folglich nicht nur in Bezug auf
die Referenzgattung Operette und seine Distribution als intermedial be-
zeichnet werden, sondern war durch den Sprachversionsfilm auch einer
Adaption im Sinne eines „transcoding into a different set of conventions“26
unterworfen, ohne dass jedoch zwangsläufig ein Medienwechsel erfolgen
musste.27 Wenn die Literaturwissenschaftlerin Linda Hutcheon in A Theo­
ry of Adaptation in Bezug auf den „adapted text” also allgemein feststellt,
dass dieser „is not something to be reproduced, but rather something to be
interpreted and recreated”,28 dann gilt dies nicht nur für die intermedia-
le Tonfilmoperette, sondern auch für den Tonfilmschlager als transmedi-
ales Distributionsprodukt derselben. Gleichzeitig wird dadurch die Eigen-
ständigkeit der Adaption und somit auch jeder einzelnen Filmversion des
Sprachversionsfilms betont – oder als Analogie auf der Theaterbühne eben
die Adaption von Operetten an unterschiedlichen Aufführungsorten.

24 Ibid., 162. V. a. Lilian Harvey kann durch ihre Mehrsprachigkeit als eine Ausnah-
meerscheinung bezeichnet werden, weshalb sie gleich in mehreren Sprachversionen
als Hauptdarstellerin fungierte.

25 Ibid., 117, 119, 126 und 202–3.
26 Linda Hutcheon, A Theory of Adaptation, 2nd ed. (New York [u. a.]: Routledge, 2013),

33.
27 Im Sprachversionsfilm und auch in der Praxis des Musiktheaters im Allgemeinen

geschieht die Adaption immer ohne einen Medienwechsel. Dieser Perspektive tra-
gen die Adaptation Studies im Gegensatz zur Intermedialität Rechnung (vgl. dazu
auch Zechner, „Multiple Music Versions?”).
28 Hutcheon, A Theory of Adaptation, 84. Für die Bevorzugung des Terminus „adapted
text“ gegenüber „source“ vgl. ibid., xv.

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