Page 43 - Weiss, Jernej, ur. 2020. Konservatoriji: profesionalizacija in specializacija glasbenega dela ▪︎ The conservatories: professionalisation and specialisation of musical activity. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 4
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das landeskonservator ium der musik zu leipzig

organist und als Leiter des Leipziger Bachvereins beteiligt. Er gestaltete das
2. Deutsche Bach-Fest in Leipzig 1904 zu einem Aufsehen erregenden Er-
eignis, er rief eigene Leipziger Bach-Feste ins Leben. 1908 wurde mit einem
solchen Fest die Einweihung des neuen Denkmals an der Thomaskirche ge-
feiert, weitere Leipziger Bach-Feste wurden 1911 und 1914 veranstaltet. Seit
1907 Orgellehrer am Konservatorium und seit 1918 Thomaskantor verfolg-
te Straube diese Linie in der bedrängenden Nachkriegszeit umso intensiver
weiter. Das 8. Deutsche Bach-Fest 1920 in Leipzig stand ebenso unter seiner
Leitung wie das Leipziger Bach-Fest 1923. Im Konservatorium gestaltete er
am Sonntag, den 23. Oktober 1921, um 12 Uhr vormittags die Eröffnungs-
feier des Instituts für Kirchenmusik4 ausschließlich mit Bachscher Musik:

1. J. S. Bach, Präludium und Fuge, vorgetragen v. Herrn Günther
Ramin, Organist zu St Thomae

2. Begrüßungen und Ansprachen
3. „Jesu meine Freude.“ Motette für 5 Singstimmen von J. S. Bach,

vorgetragen vom Thomaner-Chor.5
Selbstverständlich wurde der Thomanerchor von Karl Straube diri-
giert, der die Einrichtung des Instituts für Kirchenmusik maßgeblich vor-
angetrieben hatte und es bis 1948 leitete. Die musikalische Gestaltung der
Eröffnungsfeier war Programm und zeigt die überragende Stellung, die Jo-
hann Sebastian Bach in der Musik zugeschrieben wurde. Geradezu selbst-
verständlich teilten die anderen Lehrenden am Konservatorium diese Auf-
fassung, genannt seien nur Günther Ramin (1920–1940), Paul Graener
(1920–1924) und Sigfrid Karg-Elert (1919–1933).6 Ein einziges Beispiel dafür
möge genügen. Als Günther Ramin im Jahre 1973 eine Gedenkschrift zum
75. Geburtstag gewidmet wurde, wählte der Herausgeber Diethard Hell-

Rathert, Kult und Kritik. Aspekte der Bach-Rezeption vor dem Ersten Weltkrieg, 23–
61.
4 Siehe dazu Maren Goltz, Das Kirchenmusikalische Institut. Spuren einer wechselvol-
len Geschichte (Leipzig: Hochschule für Musik und Theater ‘Felix Mendelssohn Bar-
tholdy“, 2001), 20–27.
5 Hochschule Leipzig Archiv, Programmsammlung 1921–1924. Ibid., Leipzig, Sep-
tember 1921: Satzung Institut für Kirchenmusik. Siehe auch C. A. Martienßen, „Das
Institut für Kirchenmusik an der Hochschule für Musik in Leipzig“, Zeitschrift für
Musik 89 (1922): 102–105.
6 Hochschule Leipzig Archiv, Karg-Elert, Siegfried: Die „Übersicht über die von Karg-
Elert 1928 geprüften Studenten“ enthält unter dem Datum vom 4. März 1896 einen
weiteren litauischen Studenten, Kasimir Banaitis aus Woitiekapiai (Inskription Nr.
14056).

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