Page 58 - Weiss, Jernej, ur. 2020. Konservatoriji: profesionalizacija in specializacija glasbenega dela ▪︎ The conservatories: professionalisation and specialisation of musical activity. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 4
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konservator iji: profesionalizacija in specializacija glasbenega dela

die gemäßigte Moderne ein und spielte z.B. die Uraufführung von Fortners
Mouvements für Klavier und Orchester (1953).

Als stellvertretenden Direktor holte Scheck 1946 Harald Genzmer
(1909–2007), einen Schüler von Paul Hindemith, der als Komponist und
Lehrer dessen die Tradition fortsetzte. Er wechselte 1957 an die Hochschu-
le in München. Sein Nachfolger wurde von 1967–1973 Wolfgang Fortner
(1907–1987). Fortner hatte in Leipzig neben Komposition am Konservatori-
um auch Philosophie und Musikwissenschaft an der Universität belegt. Er
wurde einer der renommiertesten Kompositionslehrer nach dem Zweiten
Weltkrieg6 und ein einflußreicher Musikorganisator. Bei den Darmstädter
Ferienkursen war er von Anfang an als Komponist und Lehrer engagiert,
übernahm 1963–1978 die von Karl Amadeus Hartmann (1905–1963) ins Le-
ben gerufene Konzertreihe Musica viva in München. Mit seinen Schülern
(darunter Musikwissenschaftler und Dirigenten) deckte er alle Aspekte der
Moderne ab (in Freiburg u.a. Milko Kelemen, Nam Jun Paik, Wolfgang
Rihm, Hans Zender). Er gründete das Institut für Neue Musik an der Hoch-
schule, dessen öffentliche Konzerte vor allem von Studenten und Kollegen
der Hochschule gestaltet wurden und auch ein Podium für die Werke sei-
ner Schüler boten. Seine Seminare, an denen auch interessierte Studenten
des Musikwissenschaftlichen Instituts teilnahmen konnten, boten Analy-
sen der Musik seit dem Mittelalter (z.B. Guillaume Machaut), die der einge-
ladenen Komponisten (u.a. Luigi Nono, Isang Yun) gaben persönliche Ein-
blicke in die aktuelle Musikszene.

Der Musikwissenschaftler und Pädagoge Erich Doflein (1900–1977)
promovierte bei Max Schneider an der Breslauer Universität und ging da-
nach nach Freiburg, um seine Studien bei Gurlitt und Erpf weiterzufüh-
ren. 1928 war er hier Mitbegründer eines privaten Instituts für Musikleh-
rer, da eine Musikhochschule noch fehlte. Bereits in den 1920er Jahren galt
er als angesehener Kritiker für zeitgenössische Musik und schrieb u.a. für
die Freiburger Zeitung, die Frankfurter, den Anbruch und Melos. Mit sei-
ner Frau Elma, einer Geigerin, gab er das mehrbändige Geigenschulwerk7
heraus, eines der bedeutendsten Werke der modernen Violinpädagogik.
Er regte dafür u.a. Béla Bartók zu den 44 Duos für 2 Violinen (1931) an,
von denen er einige in die Geigenschule aufnehmen konnte. 1948 initiier-
te er das Institut für Neue Musik und Musikerziehung in Bayreuth, das bald

6 Matthias Roth, Ein Rangierbahnhof der Moderne. Der Komponist Wolfgang Fortner
und sein Schülerkreis 1931–1986: Erinnerungen, Dokumente, Hintergründe Porträts
(Freiburg i. Br./Berlin/Wien: Rombach Verlag, 2008).

7 5 Bände (Mainz: Schott Musik 1932–1950), ins Englische übersetzt, ebda. 1957.

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