Page 155 - Weiss, Jernej, ur. 2017. Glasbene migracije: stičišče evropske glasbene raznolikosti - Musical Migrations: Crossroads of European Musical Diversity. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 1
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leipzig und seine musikverleger als attraktion

richte über Konzerte vor allem des Gewandhauses und Grundsatzartikel
im Sinne romantischer Musikanschauung veröffentlicht wurden. Fried-
rich Rochlitz, erfolgreicher Schriftsteller und Vertrauter Breitkopfs, war
Mitbegründer und leitete die AmZ zwanzig Jahre lang. 1805 wurde auch
er Mitglied des Gewandhausdirektoriums, er übte bis zu Mendelssohns
Zeiten großen Einfluss auf das Leipziger Konzertleben aus. Wichtige Bei-
träge (neben E.T.A. Hoffmann, Christian Friedrich Michaelis u.a.) verfasste
der Leipziger Philosophieprofessor Amadeus Wendt, Mitglied des Ge-
wandhausdirektoriums seit 1821. Dies sind nur einzelne Beispiele der engen
personellen Verknüpfung Leipziger Musikinstitutionen, ihre wichtige Ba-
sis bildeten die Verlage.

Die überregionale Ausstrahlung, die von diesem städtischen Netzwerk
ausging, hat bislang nur in Ausnahmefällen Beachtung gefunden, nämlich
ganz im Sinne der Heroengeschichtsschreibung im Falle berühmter Kom-
ponisten. Ludwig van Beethoven ist ein solcher Ausnahmefall, und seine
Beziehungen zu den Leipziger Verlagen Breitkopf & Härtel sowie dem Bu-
reau de Musique von Franz Anton Hoffmeister und Ambrosius Kühnel sind
wohl bekannt.3 Vor allem waren es die Verlegerbriefe, die immer wieder die
Aufmerksamkeit der Musikwissenschaft auf sich gezogen haben, in erster
Linie hinsichtlich ihrer aufschlussreichen Hinweise zu Fragen der ­Edition
für Gesamtausgabenprojekte. Aspekte der Distribution und der Propag-
andierung spielten angesichts der überragenden Bedeutung, die dem Ori-
ginalgenie zugeschrieben wurde, kaum einmal eine Rolle. Dass allerdings
das in Leipzig so perfekt ausgebildete Marketing gerade für Beethovens
Weltruhm von ausschlaggebender Bedeutung war, hat bereits Robert Schu-
mann anerkannt. So belegt die Korrespondenz eines Verlegers – in seiner
gesamten Breite betrachtet – die Geschäftsverbindungen über die Grenzen
des jeweiligen Staatsgebiets hinaus und zeigt die Verbreitung der Musika-
lien zu bestimmten Zeiten an. Es kann dann noch in Bezug gesetzt werden
zu Druckbüchern, die Angaben zur Auflagenhöhe enthalten.

Die „Graphische Anstalt von C. G. Röder“ wurde erst 1846 in Leipzig
gegründet, stieg aber sehr schnell zur führenden Notendruckerei auf. Ent-
scheidend wurde die Zusammenarbeit mit dem Musikverlag C. F. Peters.

3 Beethoven und der Musikverlag Breitkopf & Härtel. Begleitbuch zu einer Ausstel-
lung des Beethoven-Hauses Bonn, hrsg. v. Nicole Kämpken u. Michael Ladenburger
(Bonn: Beethoven-Haus, 2007). – Axel Beer, „Beethoven und das Leipziger Bureau
de Musique von Franz Anton Hoffmeister und Ambrosius Kühnel (1800 bis 1803)“,
in Festschrift Klaus Hortschansky zum 60. Geburtstag, hrsg. von dems. und Laurenz
Lütteken (Tutzing: Schneider, 1995), S. 339–350.

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