Page 154 - Weiss, Jernej, ur. 2017. Glasbene migracije: stičišče evropske glasbene raznolikosti - Musical Migrations: Crossroads of European Musical Diversity. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 1
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glasbene migracije: stičišče evropske glasbene raznolikosti

Leipzig besitzt dabei besondere Relevanz, war die Stadt doch von der
Mitte des 18. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts der bedeutendste Verlagsort
Europas. Technische Innovationen spielten dabei eine große Rolle. 1754 er-
fand Johann Gottlob Breitkopf eine neuartige Presse für den Notendruck,
einen kleinteilig zusammensetzbaren Typendruck mit auf 340 Zeichen re-
duzierter Anzahl und mit verbesserter Metalllegierung für eine höhere Le-
bensdauer. 1863 richtete Carl Gottlieb Röder dampfmaschinenbetriebene
Steindruck-Schnellpressen (nach dem Maschinenbauer Georg Sigl; Litho-
graphie) für den Notendruck ein und schuf so zusammen mit Julius Fried-
länder die Grundlage für eine qualitativ hochstehende und trotzdem billi-
ge Massenproduktion. Max Abraham nutzte sie 1867 aufgrund der neuen
Urheberechtsbestimmungen des Norddeutschen Bundes zum Start der
„­ Edition Peters“. Der gleichzeitig begonnenen literarischen Klassikerreihe
„Reclams Universaledition“ schuf er damit ein musikalisches Pendant.

Auf der soliden Grundlage des technisch innovativen Notendrucks,
der hier nur an den zwei prominentesten Beispielen festgemacht worden
ist, errichteten die Leipziger Verleger ein marktorientiertes Geschäftssy-
stem, das nicht nur in sich stimmig alle Bereiche des Musiklebens erfasste,
sondern sich auch noch perfekt der aktuellen gesellschaftlichen Entwick-
lung anpasste. War bereits 1743 die Gründung einer Concertgesellschaft die
Angelegenheit von 16 Leipziger Bürgern, vor allem Kaufleuten gewesen, so
bildete sich 1781 mit dem auf Betreiben des Bürgermeisters Carl Wilhelm
M­ üller erbauten Gewandhaussaal aus demselben Umfeld ein Direktorium
von 12 Persönlichkeiten, das künftig die Geschicke der dortigen Konzer-
taktivitäten lenkte. Wieder gehörten Kaufleute zu den maßgeblichen Mit-
gliedern, unter denen zunehmend Musikverleger zu finden waren: 1788
Christoph Gottlob Breitkopf, 1830 Wilhelm Christoph Härtel, 1834 Her-
mann Härtel, 1835 Carl Friedrich Kistner, 1846 Julius Kistner. Zwischen den
Musikverlegern und dem Gewandhaus hatte sich eine florierende Partner-
schaft entwickelt, indem die von den Verlagen herausgegebenen Werke im
Gewandhaus zur Aufführung gebracht wurden. Zu den bevorzugten Kom-
ponisten gehörten vor allen Haydn, Mozart und Beethoven, die von hier
ausgehend als Klassiker etabliert wurden. Die überregionale Ausstrahlung
beförderte Christoph Gottlob Breitkopf 1798 durch Gründung der Allge-
meinen musikalischen Zeitung, in der nicht nur die neu erschienen Musi-
kalien angezeigt und besprochen wurden, sondern auch ausführliche Be-

veranstaltete die Tagung Das Leipziger Musikverlagswesen im internationalen
Kontext, Internationales wissenschaftliches Symposium in Leipzig vom 20. bis 22. Juni
2013, Tagungsbericht in Vorbereitung.

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