Page 153 - Weiss, Jernej, ur. 2017. Glasbene migracije: stičišče evropske glasbene raznolikosti - Musical Migrations: Crossroads of European Musical Diversity. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 1
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Leipzig und seine Musikverleger
als Attraktion

Helmut Loos
Univerza v Leipzigu
University of Leipzig

Wenn der Musikmäzen Mitrofan Petrowitsch Beljajew 1885 für seine Sankt
Petersburger Stiftung zur Förderung russischer Komponisten und Musiker
einen Musikverlag in Leipzig gründete, wenn für Edvard Grieg im Hau-
se des Musikverlegers Max Abraham zwei Zimmer zur ständigen Verfü-
gung bereit standen, wenn Peter Tschaikowski seine Europareise im Drei-
kaiserjahr 1888 mit einem Besuch in Leipzig startete, so sind dies nur drei
prominente Beispiele für die Bedeutung, die Leipzig und seine Musikver-
leger in Europa, insbesondere in seinem nördlichen Teil, besaß. Tschai-
kowski traf in Leipzig auf Johannes Brahms, Edvard Grieg, Carl Reinecke,
Gustav Mahler, Ferruccio Busoni, Arthur Nikisch, den russischen Geiger
Adolph Brodsky, den Klavierfabrikanten Julius Ferdinand Blüthner sowie
die Musikverleger Max Abraham, Ernst Wilhelm Fritzsch und August Ro-
bert Forberg.1 Nicht selten waren die Verlagshäuser Ort der Begegnungen.
Angesichts der Bedeutung der Verleger für das Musikleben bis weit in das
20. Jahrhundert hinein, die erst durch den Aufstieg der akustischen und
elektronischen Medien gemindert wurde, ist ihre Präsenz in der Musik-
geschichtsschreibung trotz der bahnbrechenden Arbeit von Axel Beer und
weiterführender Arbeiten etwa von Stefan Keym immer noch deutlich
unter­repräsentiert.2

1 Wolfgang Glaab, Tschaikowsky in Leipzig (Leipzig, 2012).
2 Seinerzeit bahnbrechend war die Arbeit von Axel Beer, Musik zwischen Komponist,

Verlag und Publikum. Die Rahmenbedingungen des Musikschaffens in Deutschland
im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts (Tutzing: Schneider, 2000). – Stefan Keym

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