Page 135 - Vinkler, Jonatan, in Jernej Weiss. ur. 2014. Musica et Artes: ob osemdesetletnici Primoža Kureta. Koper: Založba Univerze na Primorskem.
P. 135
die national-kulturellen beziehungen in lviv/lemberg ...
Schüler von Chopin Karol Mikuli sie repräsentierten Henryk Jarecki (1848–
1918), Wladyslaw Rzepko (1854–1932), Mieczysław Sołtys (1863–1929) Jan
Gall (1856–1912)15. Also, die Idee »der nationalen Musikschule« wird von ih-
ren Anhängern nach der ersten Etappe der Romantik weitergetragen, doch
auf eine mehr demokratische Ebene transportiert.

Nicht vergebens sind die Hauptgattungen im Werk der Komponisten
Chorwerke (inklusiv Kantaten und Oratorien) und Sololieder gewesen, aus-
serdem jeder von ihnen war aktiv engagiert als Organisator der Chöre, lieb-
haberischer Gesellschaften, der zahlreichen kulturellen aufklärischen Ver-
anstaltungen, wie auch der verschiedenen musikalischen Lehranstallten,
beschäftigte sich mit der pädagogischen und kritischen Tätigkeit, das be-
deutet: schenkte mehr Aufmerksamkeit der gesellschaftlichen Arbeit eines
Künstlers als ausschliesslich der schöpferischen Selbstrealisierung. Die kul-
turell-gesellschaftlichen Parallelprozesse sowohl in polnischer, als auch in
ukrainischer Gesellschaft und ihre enge Zusammenarbeit miteinander und
mit den Vertretern anderer Nationalkreise zeugt von der Selbstverständlich-
keit gerade dieser Art Evolution der fachlichen Musikkunst in Galizien, was
den historischen Umständen und politischen Beziehungen im Land völlig
entspricht.

Von anderem Standpunkt ausgehend, scheint der Vergleich mit den an-
deren Kunstarten nicht ganz zugunsten der Qualität dieser Musik, wenn in
der Literatur und bildender Kunst die intensive Suche nach den neuen Aus-
drucksmitteln lebendig bleibt, das ständige Streben nach der »tiefsten We-
sentlichkeit« spürbar ist, die Werke des philosophisch-symbolischen Sinnes
entstehen, und die neuen künstlerischen Tendenzen bedeutsam intensiver
auf der nationalen Basis transformiert werden, so muss festgestellt sein, dass
die Musik trotzdem sich mehr an der Tradition hält, an die breiten Kreisen
der Zuhörer gerichtet ist. Das sei der wichtigste Grund, warum sie mit dem
Widerstand auf die neusten Entdeckungen anderer europäischen Schulen
und ästhetischen Tendenzen reagiert. Von daher ist auch die »angewandte
Bedeutung« des regionalen Musikschaffens verständlich, das sowohl vorher
als auch nach dieser Etappe die Grenze des Galizischen Umfangs kaum über-
schreitet.

Die Kultur der 80-en Jahre des vorigen Jahrhunderts bringt unter-
schiedliche und widersprüchliche Meinungen und Beurteilungen zum Aus-

15 Musik-historische Prozesse in analysierter Periode sind im Buch der Autorin ausführlich darge-
legt: Lubov Kyyanovska, Die Evolution der galizischen Musikkultur des XIX–XX Jahrhunderts, 2. Auf l.
(Tschernowitz: Knyha-XXI, 2008) [Любов Кияновська, Еволюція галицької музичної культури
ХІХ – ХХ ст. (Чернівці: Книга-ХХІ, 2008)].

133
   130   131   132   133   134   135   136   137   138   139   140