Page 130 - Vinkler, Jonatan, in Jernej Weiss. ur. 2014. Musica et Artes: ob osemdesetletnici Primoža Kureta. Koper: Založba Univerze na Primorskem.
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musica et artes
mehreren europäischen Ländern gastierte, der Begründer der wichtigsten im
Land Vokalschule, in welcher in 80-er – 90-er Jahre des 19. und anfangs 20.
Jahrhundertes die Mehrheit berühmter polnischen und ukrainischen Opern-
sängern gewachsen wurde. Denn arbeitete schon Gerbič als Vokalpädagoge
gleichzeitig mit Wysocki, denn könnte man vermuten, seine eigene Vokalme-
thodik manche typische für Lemberger »Italiener« Gesangprinzipien ange-
eignet hat.

Natürlich war der Galizische Musikverein, die den folgenden Zweck
verfolgt hatte: «das Musikleben im Lande pflegen”,7 keine einzige Vereini-
gung der Musikliebhaber, welche ähnliche Ziele bestimmte und ähnliche
Veranstaltungen in Lemberg und andern galizischen Städten (manchmal gar
in Dörfern) organisierte. In der zweiten Hälfte des XIX. Jahrhunderts um-
fasste das Musizieren der Amateure immer breitere Kreise der Musikfreunde
im Zusammenhang mit dem Prozess der Demokratisierung der Kultur. Es
besteht der Bedarf an den Gesellschaften engerer Spezialisierung, die sich nur
mit einem Bereich des Musizierens aber auf der höheren Ebene beschäftigen
sollten.

Eine der ersten solchen spezialisierten Gesellschaften war die Musikge-
sellschaft »Harmonia« (im polnischen Original: «Towarzystwo dla muzy-
ki instrumentalnej”), gegründet am 19. September 1875 in Lviv, die eigentlich
zu einem städtischen Orchester geworden ist, existierte hauptsächlich auf die
Subventionen des Magistrats. Das Ziel dieser Gesellschaft war: «a) die Ent-
wicklung der Instrumentalmusik (die Streich- und Blasinstrumenten) in der
Hauptstadt, wie auch im Land dank der Kunstbildung der Jugend; b) stän-
dige Existenz der Musikkapelle in der Stadt Lemberg (polnisch: Lwów)«8.
Für die Realisation solcher anspruchsvollen Aufgaben sollten die Gründung
der neuen Schule und die Aufnahme der guten Musiker als Mitglieder der
Gesellschaft dienen. Die ersten Kapellmeister waren Josef Schurer und Josef
Pistl und der erste künstlerische Leitung führte Ludwik Marek – ein Schü-
ler von Mikuli und danach von Franz Liszt. Nach ihm erfüllten die Funkti-
onen eines Leiters Emanuel Kaczkowski, Jan Gall, Stanislaw Niewiadomski,
Wladyslaw Wszelaczynski – alle gut geschulte polnische Musiker, meistens
die Komponisten, Pädagoge und Dirigenten in einer Person. Aber die Blüte-
zeit der Tätigkeit des Orchesters beginnt erst mit dem Maurycy Fall, der das
Amt des Dirigenten Ende der 80-en Jahren des XIX. Jahrhunderts bestiegen

7 Das Zentrale historische staatliche Archiv in Lviv/Lemberg, das Fund 1, die Beschreibung 54, das
Werk 1142, 8–33, Statut Galicyjskiego Towarzystwa muzycznego we Lwowie, § 1, 1.

8 Lviver Staatsarchiv, Fond 3, Beschreibung 1, Sache 2925, S. 6–12, Statut »Harmonii« Towarzystwa
dla muzyki instrumentalnej, § 3, 3.

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