Page 444 - Weiss, Jernej, ur. 2017. Glasbene migracije: stičišče evropske glasbene raznolikosti - Musical Migrations: Crossroads of European Musical Diversity. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 1
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glasbene migracije: stičišče evropske glasbene raznolikosti

Hartmut Krones
Die stilistische Vielfalt von Orlando di Lassos weltlichem
Schaffen im Spiegel seiner Lebensstationen
Orlando di Lasso (1532–1594), gebürtiger Niederländer, in Italien ausge-
bildet, kurzzeitig in Antwerpen tätig, dann ab 1557 in München Tenorist
und schließlich Kapellmeister des Herzogs Albrecht V., zählte auf sämt-
lichen Gebieten der Tonkunst zu den fruchtbarsten und bedeutendsten
Komponisten seiner Zeit. Und obwohl er nahezu 40 Jahre in Bayern tätig
war, pflegte er bis an sein Lebensende immer wieder intensive Beziehun-
gen zu anderen führenden europäischen Fürstenhöfen, insbesondere auch
nach Paris. Dementsprechend spiegeln sich in seinem Schaffen sowohl die
verschiedenen Einflüsse seiner „Wanderjahre“ als auch die jeweilige, nicht
zuletzt geographisch geprägte stilistische Ausrichtung der unterschiedli-
chen Gattungen in hohem Maße wider. Sowohl die Faktur seiner geistli-
chen Werke als auch (und dies vor allem) die Bauweise seiner weltlichen
Lieder paßte sich immer wieder dem „üblichen“ Stil des jeweiligen Bestim-
mungsortes, dem Geschmack des Widmungsträgers oder den Usancen der
Gattung an, sodaß Orlando di Lasso als einer der ersten wirklich „europä-
ischen“ Meister angesprochen werden muß. – Das Referat versucht, nieder-
ländische, italienische, französische und deutsche Stilelemente im Schaf-
fen des Komponisten auf dem Gebiet des weltlichen mehrstimmigen Liedes
dingfest zu machen und mit den Stationen seines Lebens zu verbinden. In
den italienischen Werken sind dies insbesondere homophon „plappernde“,
oft nur assoziativ sinnhafte Wort- und Silbenwiederholungen, im französi-
schen Bereich ein oft von „Akkordsäulen“ begleiteter „Konversationston“,
und in den deutschen Liedern ein textadäquater Wechsel zwischen poly-
phonen und homophonen („italienischen“) Elementen.
Schlüsselwörter: Villanella, Morescha, Chanson, Modalität, Stilebenen (16.
Jahrhundert)

Helmut Loos
Leipzig und seine Musikverleger als Attraktion
Viele Musiker trafen sich in Leipzig nicht nur am Konservatorium, sondern
vor allem auch in den Häusern der Musikverleger. Angesichts der Bedeu-
tung der Verleger für das Musikleben bis weit in das 20. Jahrhundert hin-
ein, die erst durch den Aufstieg der akustischen und elektronischen Me-
dien gemindert wurde, ist ihre Präsenz in der Musikgeschichtsschreibung

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