Page 148 - Weiss, Jernej, ur. 2017. Glasbene migracije: stičišče evropske glasbene raznolikosti - Musical Migrations: Crossroads of European Musical Diversity. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 1
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glasbene migracije: stičišče evropske glasbene raznolikosti

Die letzten Monate des Aufenthaltes von Antonio Lolli im nördlichen
Palmyra waren voll mit Gesprächen mit seinen Freunden: in Petersburg
versammelte sich zu jener Zeit eine erstaunliche „italienische Truppe“.
Der nicht müde werdende Maestro fühlte sich wohl an einem Mittagstisch
(oder Kartentisch) mit Freunden und Kollegen – den Stars der italienischen
Truppe den Sängern A. Davia da Bernucchi und B. Marketti, K. Arnabol-
di und G. Ristorini, den Ballettsolisten A. Kaselli und F. Rosetti, L. De Ros-
si und E. Stellato, dem Künstler F. Gradizii, dem Bühnentechnikmeister G.
Brigonzi, den Geigenkollegen T. Porta, G. Puppi, L. Skjatti, nicht zu ver-
gessen Angiolini und Paisiello. Im Frühjahr 1783 besuchte unerwartet Ivan
Jarnović (Giovanni Giornovichi) Petersburg – ein Stuttgarter Schüler Lol-
lis, der seinem Lehrer weder in der Geigenmeisterschaft, noch in der Aben-
teuerlichkeit seines Verhaltens unterlag, der sich nicht auf das Kartenspiel,
sondern auf das Billardspiel spezialisierte. Schade, dass keine dokumenta-
rischen Zeugnisse über ihre „Heldentaten“ beim Abzocken der Petersbur-
ger Geldsäcke überliefert sind. Und dass es die gab, wussten Lolli und Jar-
novik. Daran gibt es nichts zu zweifeln.

Jarnović - der Amtsnachfolger Lollis wurde – möglicherweise nicht
ohne Mitwirkung Antonios, im Januar 1784 in den Dienst des Kammer-
musikers, aber mit einem geringeren Gehalt von 3000 Rubeln eingestellt.

Im Sommer des gleichen Jahres verließ Lolli Russland für immer auf
ihm bekannten Weg über Stockholm, Kopenhagen und Hamburg. Das Jahr
1785 begann für den Maestro in London, wo er laut Ch. Berni keinen unge-
teilten Erfolg hatte. Am 5. Juni 1785 ermöglichte man dem Virtuosen eine
Benefizveranstaltung in Paris, dann gastierte er, laut Gerber, in Spanien.

Es begann eine neue Epoche und Lolli mit seinem scharfen Gespür
für das Publikum konnte das nicht übersehen: der starke Rückgang seiner
Konzerttätigkeit nach 1785 war kein Zufall. Die meiste Zeit trat er im hei-
mischen Italien auf, manchmal auf Gastspielen im Ausland, wie zum Bei-
spiel bei Konzerten in Kopenhagen und Stettin spielte er im Duett mit sei-
nem Sohn, dem Cellisten Phillipo. Einige Male demonstrierte der Maestro
seine Meisterschaft den Zuhörern in Genua, aber ob sich unter ihnen der
junge Paganini befand ist nicht bekannt. Ein Exemplar der Sonaten Lollis
befand sich im Liceo musicale, wo Paganini studierte, so dass Nicolo an-
scheinend mit seinem Schaffen vertraut war.

1794 erhielt Antonio den Titel des ersten Konzertmeisters des Neapo-
litanischen Königs. Wir haben keine dokumentarische Bestätigung, aber
nun ist die Hypothese darüber doch nicht grundlos, dass solch einen eh-

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