Page 171 - Weiss, Jernej, ur. 2017. Glasbene migracije: stičišče evropske glasbene raznolikosti - Musical Migrations: Crossroads of European Musical Diversity. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 1
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leopolis – lwów – leopoli – lemberg – львів – львов in galizien ...

Polnische soziale, ökonomische und kulturelle Herrschaft dauerte
in Galizien – trotz allen Proben der Germanisierung – binnen mehreren
Jahrhunderte, eigentlich bis 1939, dabei polnisierten sich rasch die Vertre-
ter aller anderen Völker. Denn eine allgemein angenommene Sprache in
allen sozialen und kulturellen Gebieten war die polnische Sprache, obwohl
auch manche andere Sprachen der wichtigsten nationalen Gruppen im Ge-
brauch waren, darunter ruthenische, deutsche, ärmenische und jüdische.

Deswegen auch die Musikkultur in Lemberg entstand vom Anfang an
als eine natürliche multinationale geistige Zusammensetzung. Dabei jede
nationale Gemeinde hatte der eigene sozial bestimmte und gerichtlich fest-
gesetzte Aufgabenkreis. Davon zeugt, z. B., noch in spätem Mittelalter die
Musikantenzunft, die hier im Jahre 1580 gegründet wurde, wie belegen die
Dokumente. Diese Musikantenzunft hatte eine klare ethnische Teilung, in
der die italienischen Musiker die höchste Stufe eroberten, nur nach ihnen
sind die serbischen Musiker angesehen. Obwohl sie ihre eigene Privilegien
auch hatten, aber sollten sie der Subordination streng auferlegen, die die
Stadtrichter ihnen eingereicht hat.

Italienische Musiker stellten ihre besondere Rechte und Pflichte im
Statut der Musikantenzunft auf solche Weise fest: „In der Zukunft wir, Mu-
siker italienischer Musik, die Instrumentalisten, wie auch die Sänger ge-
nannt, sind bereit und verpflichtet ohne Belohnung zu spielen und zu sin-
gen, Rorate in der Zeit der Ankunft des Herrn, alle feierliche städtische
Votiven, Requiem… für den Herrn Rat, Prozessionen von Corpus Christi
an den vier Ecken am Markt und die Oktave in der Kirche, und den öffent-
lichen Triumph, der pro avidens passieren, wie die Ankunft adeliger Per-
sonen, die Wahlen, Krönungen, Taufen, Siege von ihrer Majestät des Kö-
nigs und dergleichen festa Civili“4.

In demselben Dokument (Statut der Musikantenzunft) prägten sich
die serbischen Musiker auch ganz klar aus, ihre Pflichte zu genügen, auch
ihre Privilege festzustellen und zu verteidigen: „Wir sind die serbischen
Musiker, so allgemein genannt, gemeinsam die Violinisten, Zimbelisten
und andere dergleichen, unserer Pflicht in ersten Ordinatia de acto, oben
ernannt, nie verlassen, da solche Rechte vom hiesigen Räten unseren Vä-
tern klar ausgedrückt und angegeben sind, aber stehen wir firmster bei ih-

4 Józef Skoczek, „Lemberger Musikantenzunft im XVI und XVII Jahrhundert“,
Musikalische Almanach, 2 (1929): 182. [Józef Skoczek, „Cech muzyczny lwowski w
XVI i XVII wieku, Kwartalnik muzyczny, 2 (1929): 182].

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