Page 93 - Vinkler, Jonatan, in Jernej Weiss. ur. 2014. Musica et Artes: ob osemdesetletnici Primoža Kureta. Koper: Založba Univerze na Primorskem.
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hugo wolf in perchtoldsdorf: uber die mörike-lieder

nb 2: T. 20-27.
Musik in tiefer Lage ein (NB 2). Sie wechselt mit der Erwähnung des Bienen-
hauses sogleich in eine hohe Lage (T. 22) und nimmt bald auch die Triller auf
(T. 28ff.).

Der Takt 31 weicht musikalisch auffallend von seiner Umgebung ab
(NB 3). Wolf versucht hier, wohl auch um eine mögliche Monotonie der ton-
malerischen Fläche zu unterbrechen, die Worte »(niemand) Boten gehn«
individuell zu gestalten: im Gesang durch Achtelmelismen, im Klavier durch
Variierung der Triller zu Sechzehntel-Triolen, die durch eine neue Begleitung
mit der bislang ersten Staccato-Artikulation komponiert ist und im Rhyth-
mus des Gesangs an etwas Aktives, hier die Geste eines leichten Gehens erin-
nert. Möglicherweise weist dies auf eine die Idylle unterbrechende Tätigkeit
der Biene hin. Denn eine Variante dieses Taktes findet man noch einmal im
Takt 47. Auch hier unterbricht sie die illustrative Musik zu den Worten »(ich
hab’) ein ganzes Pfund [Honig]«.

Die abschließende 7. Strophe nimmt mit der Partie des Knaben die
Musik vom Beginn der 3. Strophe auf und entwickelt sie, da die tonmaleri-
schen Immlein-Illustrationen nun textbedingt fehlen. Um das Wechselbad
der Emotionen des Knaben wiederzugeben, wiederholt Wolf den Text der
beiden Schlußverse. Die sich allmählich steigernden Gefühlsäußerungen für

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