Page 143 - Weiss, Jernej, ur. 2017. Glasbene migracije: stičišče evropske glasbene raznolikosti - Musical Migrations: Crossroads of European Musical Diversity. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 1
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antonio lolli – auf der route bergamo–stuttgart –sankt-petersburg–neapel

der Tournee verdienten Geld anzulegen. Später wollte er sich aufs Land zu-
rückziehen und von den Kapitalerträgen leben“17.

Die Absichten waren gut gemeint, aber leider für Lolli unerfüllbar. Die
fantastische Summe von 10000 Florin brachte er in einigen Jahren durch,
die er nach der bescheidenen Anzahl seiner Konzerte in jener Zeit nicht mit
der Geige, sondern mit den Karten in der Hand verbrachte. Als er alles ver-
braucht hatte, erinnerte er sich ohne lange nachzudenken, an seinen langen
überzogenen Urlaub und erschien er wider allen Erwartens im Herbst 1779
in der russischen Hauptstadt (das in verschiedenen Quellen angegebene
Datum – Anfang 1780 ist nicht korrekt, da ein in der Handschriftenabtei-
lung der RNB (f.871, Nr. 568) aufbewahrter Brief von Lolli an J. Staehlin,
den er in Petersburg schrieb auf das Datum 11. September 1779 datiert ist).

Es war klar, auf wen der Maestro zählen konnte – auf Potemkin. Der
nicht nachtragende Fürst stärkte ihm freundschaftlich den Rücken: der
Vertrag mit Antonio wurde zu den gleichen Bedingungen erneuert.

Während der Abwesenheit Lollis gab es im Musikleben Petersburgs
einige Veränderungen. Der aus Frankreich angereiste Louis Paisible orga-
nisierte eine Reihe an Konzerten, die ihre Krönung 1779 im ersten Oster-
musikfestival in der Geschichte Russlands fanden. Der Erfolg dieser Ver-
anstaltung veranlasste Lolli dazu, das vom Pariser Kollegen Begonnene
fortzusetzen: im zeitigen Frühjahr 1780 gibt er dem Publikum bekannt:
„Herr Lolli teilt mit, dass er im Haus des Fürsten Potemkin hinter der Anit-
schkow-Brücke drei geistliche Konzerte geben wird, die 6 Uhr abends be-
ginnen. Tickets für drei Konzerte kosten 5 Rubel. Wer nicht für alle drei
Konzerte bezahlen möchte, muss für jedes einzelne 2 Rubel zahlen. Herr
Lolli informiert über jedes Stück, das gespielt wird. In jedem Konzert wer-
den verschieden Werke gesungen, einschließlich neuer Stücke für zwei So-
prane und Tenor. Das erste Konzert ist auf den 19. März festgesetzt“18.

Die Ankündigung des 2. Konzertes lautete: „Übermorgen, am Don-
nerstag, den 26. März, gibt Herr Lolli im Haus des Fürsten Potemkin ein
großes vokal-instrumentales Konzert. In ihm interpretieren junge Sänger
Ihrer Hoheit eine vierstimmige Kantate von Herrn Paisiello. Die Herren
Komaskino, Babbini und Porri singen verschiedene Arien des gleichen
Komponisten, und Herr Lolli spielt einige seiner eigenen Geigenstücke“19.
Die Teilnahme der „jungen Sänger Ihrer Hoheit“ am Konzert des 26. Mär-

17 Ebenda, S. 182.
18 „Ergänzung zu den St. Petersburger Mitteilungen“, 1780, 10. März.
19 Ebenda, 1780, 24. März.

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