Page 182 - Weiss, Jernej, ur. 2017. Glasbene migracije: stičišče evropske glasbene raznolikosti - Musical Migrations: Crossroads of European Musical Diversity. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 1
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glasbene migracije: stičišče evropske glasbene raznolikosti

Thematik24. In seinen Werken, die er in Galizien geschrieben hat, haben
eine folgerichtige Entwicklung die populären panslawischen Theorien von
Václ­ av Hanka und Pavol Jozef Šafárik gefunden. Er suchte nach den allge-
meinen Wurzeln slawischer Kultur, darunter der Musik. Das Wesen seines
Konzepts formulierte der Forscher in einer Reihe von theoretischen, ästhe-
tischen und philosophischen Untersuchungen: sie fußten auf Folklorenba-
sis und legen eine einheitliche Theorie slawischer Kultur aufgrund der Mu-
sikfolklore dar.

Dunder, ähnlich, wie Rittersberg, nahm zunächst das Interesse an der
Theorie des Panslawismus von Václav Hanka, und unterhielt persönliche
Kontakte mit Pavol Jozef Šafárik selbst. Obwohl er meistens in der pol-
nischen Umgebung verblieb, interessierte sich lebhaft für ukrainische Kul-
tur, besonders für ukrainische Volkslieder. In seinen Studien beschrieb
er in breiterem Sinne die Riten, Bräuchen, Sitten, die Folklore mehrerer
Volksschichten in Galizien, daraus hat er herausgefunden, dass Ostgalizien
eine gemeinsame Wiege der alten Slawen war.

Rittersberg fühlte sich einen Slawen erst dann, wann er nach Lem-
berg angekommen ist, durch die Kontakte mit den tschechischen Patri-
oten und mit der polnischen Intelligenz. Bevor schrieb er nur in deutscher
Sprache und wurde ausschließlich nur für die deutsche Kultur begeistert.
In Lemberg erkannte er die Poesie des polnischen Romantikers Bohdan
Zaleski25, zu dessen Texten er die Lieder schuf. Hier hat Rittersberg sei-
ne grundlegenden Forschungen im Zusammenhang mit der panslawischen
Theorie geschrieben: „Gedanken an slawischen Gesang“ (Myslanky o slova-
nskim spĕvu), „Auszug aus dem großen Werk von slawischen Volksliedern“
(­Výnatek z vĕtšiho dila o Národních pisnich slovanských), „Die Vorfahren
des slawischen Gesanges“ (Pravlast slovanskiho spĕvu). Manche wichtigsten
Ideen aus diesen Forschungen führt man unten an:
a) Kultur der einzelnen Nationen könnte eine gewisse Spitze nur

dann erreichen, wenn ihr die allgemeine Entwicklung nationa-
les Geistes und Lebens vorausgeht. In erster Linie betrifft diese
Regel die Entwicklung der Nationalsprache. Die Sprache evoluti-
oniert und erreicht die Höhen der Poesie durch Transformation

24 Jewhen Cehelski, Tscheche und die galizisch-ukrainische Musik im XIX Jh. (Die
Zusammenhänge). Nach dieser Forschung sind alle weitere Zitaten aus den Artikeln
von Rittersberg gegeben.

25 Zaleski mit Seweryn Goschtschynski und Antoni Malczewski bildeten sog. „ukrai-
nische Schule in der polnischen Poesie“ – also, wieder eine mehrfache nationale Ori-
entierung.

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