Page 180 - Weiss, Jernej, ur. 2017. Glasbene migracije: stičišče evropske glasbene raznolikosti - Musical Migrations: Crossroads of European Musical Diversity. Koper/Ljubljana: Založba Univerze na Primorskem in Festival Ljubljana. Studia musicologica Labacensia, 1
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glasbene migracije: stičišče evropske glasbene raznolikosti

– A. Nanke – fachliche Schulung des erstrangigen Chors an der gri-
echisch-katholischen Kathedrale in Peremyschl (1828–1834)
Auch das Schaffen manchen von erwähnten Komponisten (wenigstens

J. Elsner, aber auch F. X. Mozart oder J. Ruckgaber), wie ihre praktische mu-
sikalische Tätigkeit brachte alle aktuelle Musikformen und Stilrichtungen
Europas bei und führte sehr schnell dazu, daß wichtigste Werke damaliger
Musikkultur (wie fürs Musiktheater bestimmt, so auch andere instrumen-
tale Gattungen) kurz nach der Entstehung das Lemberger Publikum er-
reichten und hier ganz professionelle Kritik und Beurteilung leisteten. Im
Allgemeinen wäre es treffend, diese Zeitspanne als romantische Periode zu
bezeichnen, Die Romantik orientierte sich in Galizien meistens nach den
frühromantischen Wiener Mustern, darin vorzugsweise nach dem Schaf-
fen von Schubert und solcher Autoren der Singspiele, wie Joseph Weigl,
Konradin Kreutzer, Wenzel Müller u. a. Sehr beliebt und häufig aufgeführt
war in Lemberg „Freischütz“ von Karl Maria von Weber.

Ukrainische Musikkultur jener Zeit sieht auf diesem Hintergrund be-
scheidener aus. Das war auch davon abgehängt, daß nur von 80-er Jah-
re des XVIII Jahrhunderts, also, von den Josephinischen Reformen begin-
nt sich gewisse staatliche Unterstützung der ukrainischen Bevölkerung in
diesem Land, vor allem des Priestertums. Von 1774 wirkt in Wien unia-
tische Lehranstalt Barbareum bei der Sant-Barbara-Kirche, welche Kai-
serin Maria Theresia von den Jesuiten den Uniaten überreichte. Am Bar-
bareum studierten die bedeutendsten Persönlichkeiten der ukrainischen
national-gesellschaftlichen Bewegung in Galizien, u. a. künftiger Bischof
Ivan Snihurs´kyj, welcher später in die Gründung der Peremyschlischen
Chorschule sich tief engagierte. 1784 wurde Lemberger Universität gegrün-
det, bei ihm eröffnet man das ukrainische Lehrstuhl, in demselben Jahr ist
bei der Universität ein theologisches Institut Studium Ruthenium eröffnet,
ein Jahr bevor fängt seine Tätigkeit das Priesterseminar in Lemberg an.
Aber begrenzte sich ihre Ausbildung nicht zu den Lemberger Lehranstal-
ten. Künftige Priester studierten auch in Innsbruck und in Roma. Ganz ge-
setzmäßig, daß vor allem die Geistlichen zum Erwecken des nationalen Be-
wußtseins wurden, nicht nur im rein kirchlichen Gebiet, sondern auch in
allen „weltlichen“ Bereichen: in der Politik, Wissenschaft, Ausbildung, mo-
ralischer Erziehung, Kultur und darunter auch in der Musik. Dank ihren
Bemühungen sind allmählich die Überzeugungen des größten Teils von
Ukrainer in Galizien überwanden, welche in der These “Gente Rutheni,
natione Poloni” am krassesten ausgedruckt sind. In ukrainischer Musik-

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