Page 124 - Vinkler, Jonatan, in Jernej Weiss. ur. 2014. Musica et Artes: ob osemdesetletnici Primoža Kureta. Koper: Založba Univerze na Primorskem.
P. 124
musica et artes
Dadurch bewahrten sich nur unzahlreichen Erwähnungen von der Tätig-
keit nicht nur solcher »kurzfristigen« Pädagoge, wie Gerbič, sondern auch
mancher ständig hier wirkenden ortansässigen Musiker. Trotz den allen Säu-
berungen wird doch in der Bibliothek Lemberger Musikakademie »Mykola
Lyssenko« ein einziges Exemplar der Notenausgabe von Fran Gerbič gefun-
den. Man führt den Text auf dem Titelblatt völlig an:

Slovanska Jeka. Moški in ženski četverospevi in zbori. Slavnemu gospo-
du Dru. Janezu Bleiweisu. Učetu sluvenskega naroda posvetil skladatelj

Fran Gerbič. Op. 15. Tiskala Klein in Kovač v Ljubljani.
Auf der Rückseite des Titelblattes befindet sich das Autograph des Au-
tors – die Widmung dieses Exemplars: »Swojemu milemu prijatelu i vrlo-
mu skladatelju Gospodu Vilhelmu Czerwinski-mu w znaminje iskorenego
spoštovanja in prijatalystva Fran Gerbič«.
Leider steht entweder auf dem Titelblatt oder unter der Widmung kein
Datum, deswegen könnte man nur vermuten, wann die Noten nach Lemberg
»gewandert« sind. Es ist noch schwieriger zu bestimmen, weil diese Chor-
sammlung zur Zeit ein einziges materielles Zeugnis des Gerbičes Aufent-
haltes in der Stadt bleibt. Auch – wie hat die Autorin in den repräsentierten
im Portal Youtube Aufnahmen der Werke von Gerbič – genanntes Zyklus
gehört nicht zu den populären Werken von Komponisten (viel mehr sind die
Sololieder oder die Bearbeitungen der Volksweisen erwähnt und aufgenom-
men). Aber aufgrund der beiden Widmungen könnte man eine ungefähre
Zeit des Entstehens und der Darstellung der Sammlung in Lemberg präzisie-
ren. Diese Werke sollen bestimmt vor dem 1880 geschrieben sein, weil – so
enzyklopädische Quellen – von 1880 wirkte er schon in Ulm als Opernsänger
und es scheint wag, ob in demselben Jahr er auch manche neue Chorwerke in
Ljubljana veröffentlichte. Im Jahr 1881 starb Bleiweis, denn die Widmung der
lebendigen Person wäre unmöglich. Wilhelm Czerwinski kann Gerbič nicht
früher als 1882 – 1883 kennenlernen, dazu brauchte er etwas Zeit, mit ihm
zu befreunden und ihn den »lieben Freund« zu nennen. Außer der Wid-
mung steht auf dem Titelblatt auch das Stempel (zweimal gelassen und dann
nochmals – auf der Seite 29) des Galizischen Musikvereins in Lemberg (Ga-
lizyjskie Towarzystwo Muzyczne we Lwowie) mit der Nummer 21180, was
könnte bedeuten, daß entweder Czerwinski selbst die Noten in die Biblio-
thek des Vereins überreichte, oder nach seinem Tod (1893) der Verein die No-
ten von der Czerwinskis Familie kaufte – die letzte Vermutung scheint zu-
verlässiger.
Es wandte auf sich auch die Aufmerksamkeit der Adressat der Samm-
lung – Janez Bleiweis (1808–1881), bekannter slovenischer Politiker und Ge-

122
   119   120   121   122   123   124   125   126   127   128   129